Impressum

Kurz nach 1500 erschien erstmals die Sammlung mit 96 Historien um Dil Ulenspiegel, einen niedersächsischen Bauernsohn, der zum Landfahrer und Lotterbuben wird. Wegen seiner Popularität wurde der Schelmenroman zum Volksbuch, das immer wieder Neuauflagen und Raubdrucke erlebte. Ein gutes Dutzend der Schwänke wird in Kinderbüchern nacherzählt, doch im Kern ist "Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel" ein deftiges, vielschichtiges Buch für Erwachsene.

Der Titelheld Ulenspiegel ist nicht der harmlos-listige Spaßmacher mit Narrenkappe, wie wir ihn heute zu kennen glauben. Er ist eine facettenreiche und widersprüchliche Person.

Dil Ulenspiegel, der während der ersten fünf Jahrzehnte des 14. Jahrhunderts gelebt haben soll, ist alles andere als ein Netter oder ein flacher Gutmensch. Er ist - auch - egoistisch und rücksichtslos. Sein Leben lang ist er widersprüchlich: ein Kämpfer für Gerechtigkeit und Betrüger, ein Hochmütiger wie Hochstapler, ein Mitfühlender und ein wütend Hassender.

Seine unbändige Schalkheit und Findigkeit verhelfen ihm zu Geld und einem Leben in Müßiggang, doch nirgends hält er es lange aus. Zweimal kostet ihn sein Übermut fast den Hals. Er betrügt einen Hochadeligen mit einem unsichtbaren Gemälde, spottet dem Aberglauben und scheint über magische Kräfte zu verfügen, da er gleich einem ganzen Spital Heilung bringt. Doch schließlich kann auch er dem Tod keinen Streich spielen.

Sein Leben ist eine Suche nach Glück und Ungebundenheit von den Zwängen der mittelalterlichen Ständegesellschaft. Zum Schluss verderben ihm seine Wesensmerkmale ein geruhsames Lebensende. Er stirbt den Tod der Armen, doch auch dann ist sein Wirken noch nicht zu Ende.

Das Buch ist in einem knorrigen und bildhaften, zum Teil groben Früh-Neuhochdeutsch geschrieben. In lockerer Folge präsentiert es Slapstick und gespielten Witz, philosophische Betrachtung und kunstvoll eingefädeltes Komplott. Die Leser können in Bildern, Stimmen, Stimmungen und Possen schwelgen, einfach Spaß haben und sich von der Schadenfreude mitreißen lassen.

Autoren wie Bertolt Brecht, Christa Wolf und Gerhard Wolf (Drehbuch-Entwürfe), Gerhart Hauptmann und Erich Kästner haben die Vorlage zum Teil sehr frei interpretiert. Richard Strauss hat sie für die symphonische Dichtung "Till Eulenspiegels lustige Streiche" verwendet.